“Ich bin (war) mit einem Narzissten zusammen!”
In meiner Beratungspraxis erlebe ich in letzter Zeit auffällig häufig, dass Menschen mit der Aussage zu mir kommen, sie hätten bereits alle möglichen Therapien und Interventionen hinter sich, aber nichts habe ihnen geholfen. Diese Menschen, hin und wieder sogar mit einem psychologischen Hintergrund und umfassendem Wissen über menschliches Verhalten, berichten häufig von belastenden Beziehungen mit narzisstischen Partnern. “Ich bin (war) mit einem Narzissten zusammen!” Rumms! Allein wie dieser Satz gesprochen wird, macht klar: Ich bin das Opfer, der Narzisst ist der schuldige Täter. Das kann sein – vielleicht aber auch nicht.
Es ist bemerkenswert, dass viele dieser Beziehungen über Jahre andauern, obwohl die betroffenen Personen (die ich kenne) erwachsene Menschen sind, die Entscheidungen treffen können. Diese Beobachtung führt zu einer wichtigen Überlegung: Könnte es sein, dass Narzissmus nur in Anwesenheit eines Co-Narzissten voll zur Geltung kommt? Ohne die Rolle eines Co-Narzissten scheint ein Narzisst möglicherweise nicht in der Lage zu sein, seine narzisstischen Tendenzen vollständig auszuleben.
Die Dynamik zwischen einem Narzissten und einem Co-Narzissten kann aus meiner Sicht als eine Art symbiotische Beziehung betrachtet werden, in der beide Parteien bestimmte Bedürfnisse befriedigen. Der Narzisst sucht nach ständiger Bewunderung und Bestätigung, während der Co-Narzisst oft eine Rolle einnimmt, die diese Bedürfnisse unterstützt oder toleriert. Diese Beziehung kann auf verschiedene Weise funktionieren: Der Co-Narzisst könnte das narzisstische Verhalten direkt unterstützen, indem er es positiv verstärkt, oder er könnte es indirekt unterstützen, indem er Konflikte vermeidet und den Narzissten nicht herausfordert. Diese Art von Beziehung kann für den Co-Narzissten schädlich sein, da sie oft zu emotionalem oder psychologischem Missbrauch führt. Dennoch bleibt die Person in der Beziehung, was zu der Frage führt, warum jemand in einer solchen Situation verharren würde.
Ein übertriebenes Selbstwertgefühl, wie es oft bei Narzissten zu finden ist, kann durch eine Kombination aus hohen und niedrigen Lebensmotivausprägungen entstehen. Hohe Werte in Motiven wie Einfluss, Autonomie und Revanche können dazu führen, dass jemand sich selbst als besonders fähig und unabhängig wahrnimmt. Niedrige Werte in Motiven wie soziale Anerkennung und Sicherheit können dazu beitragen, dass diese Personen ihr Selbstwertgefühl weniger von der Meinung anderer abhängig machen und sich selbst in einem übertrieben positiven Licht sehen. Diese Dynamik kann in der Beziehung zu einem Co-Narzissten besonders ausgeprägt sein, da der Narzisst durch die Bestätigung und Unterstützung des Co-Narzissten in seiner Selbstwahrnehmung bestärkt wird.
Hier kommt die Komplexität menschlicher Beziehungen ins Spiel. Menschen, die sich in einer Beziehung mit einem Narzissten befinden, sind oft in Mustern gefangen, die es schwierig machen, die Situation klar zu erkennen oder zu verlassen. Diese Muster können aus einer Vielzahl von Gründen bestehen, darunter ein geringes Selbstwertgefühl, Angst vor Einsamkeit oder ein tief verwurzeltes Bedürfnis, den Narzissten zu “retten” oder zu verändern. Ein besonders herausfordernder Aspekt entsteht, wenn Kinder in diesen Kontext involviert sind. Die Präsenz von Kindern kann die Situation zusätzlich komplizieren, da die betroffenen Eltern möglicherweise das Gefühl haben, für das Wohl ihrer Kinder in der Beziehung bleiben zu müssen. Die Verantwortung gegenüber der Familie und die Angst, die Kinder zu belasten, können dazu führen, dass Erwachsene länger in toxischen Beziehungen verharren. Und sie nehmen nicht die Wahrnehmungsposition beteilgter Kinder ein, die gezwungen sind, die giftige Luft 24/7 einzuatmen – und natürlich lernen.
Die Rolle des Co-Narzissten kann in dieser Dynamik nicht unterschätzt werden, da sie dem Narzissten ermöglicht, seine Tendenzen auszuleben und gleichzeitig die schädliche Beziehung aufrechtzuerhalten. Ein weiterer Aspekt, der in Betracht gezogen werden sollte, ist die Tatsache, dass Menschen oft nicht erkennen, dass sie in einer toxischen Beziehung sind, bis es zu spät ist. Narzisstische Personen können sehr charmant und überzeugend sein, besonders in den frühen Stadien einer Beziehung: “Er wollte mir anfangs immer die Sterne vom Himmel holen”. Sie können ihre Partner dazu bringen, zu glauben, dass sie die Quelle allen Glücks und aller Zufriedenheit sind, nur um später manipulative und kontrollierende Verhaltensweisen zu zeigen. Dies kann zu einem Kreislauf der Abhängigkeit führen, in dem der Co-Narzisst ständig nach der anfänglichen Anerkennung und Zuneigung sucht, die der Narzisst zu Beginn der Beziehung gezeigt hat.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Annahme, dass ein narzisstischer Mensch seinen Narzissmus nur in Anwesenheit eines Co-Narzissten voll ausleben kann, eine interessante Perspektive bietet. Als Berater konzentriere ich mich daher besonders auf Neutralität und objektive Distanz. Dieser Blickwinkel unterstreicht die Rolle von dynamischen Beziehungen und wie diese das Verhalten beeinflussen können. Wenn du glaubst, dich in einer Beziehung mit einem Narzissten zu befinden, ist es wichtig zu erkennen, dass du die Fähigkeit hast, Entscheidungen zu treffen und dass es möglich ist, dich aus dieser Dynamik zu befreien. Ich denke, dass Beratung und Unterstützung entscheidende Werkzeuge sein können, um einen wichtigen Schritt nach vorne zu machen und ein gesundes, selbstbestimmtes Leben zu führen, insbesondere wenn Kinder involviert sind.
Solltest du dich in einer solchen Situation wiederfinden oder Unterstützung suchen, um gesunde Grenzen zu setzen und ein erfüllteres Leben zu führen, stehe ich dir mit meiner Motivations- und Lebensberatung zur Seite. Gemeinsam können wir Wege finden, um diese Dynamiken zu verstehen und zu überwinden, und dich dabei unterstützen, die Kontrolle über dein Leben zurückzugewinnen.