Es ist ein Phänomen, das mich immer wieder in Erstaunen versetzt: In den Weiten unserer Gesellschaft begegne ich täglich Menschen, die mit der Inbrunst eines Opernsängers ihre Meinungen kundtun, während ihr Wissen darüber eher an die Stille einer Pantomime erinnert. Es ist, als würde man bei einer Weinprobe auf einen Sommelier treffen, der den Unterschied zwischen Rot- und Weißwein an der Farbe des Etiketts festmacht.

Diese Beobachtung erinnert mich an die Worte wirklich kluger Menschen, die wie Sokrates von sich behaupteten, sie wüssten, dass sie nichts wissen. Diese Demut vor dem Wissen scheint in unserer heutigen Gesellschaft eine Rarität geworden zu sein, so selten wie ein Einhorn beim Zahnarzt.

Doch was hat das mit unseren Lebensmotiven zu tun? Nun, es scheint, als würden wir in solchen Momenten das Motiv der Neugier nicht voll ausschöpfen. Statt uns von der Lust am Lernen UND Verstehen leiten zu lassen, geben wir uns mit der oberflächlichen Befriedigung zufrieden, die das Äußern einer selbstbezogenen Meinung mit sich bringt. Wir verzichten auf die tiefere Befriedigung, die das Streben nach Wissen und Erkenntnis mit sich bringt.

Auch das Motiv der Prinzipien scheint auf der Strecke zu bleiben. Anstatt uns an den Grundsätzen der Redlichkeit und des respektvollen Diskurses zu orientieren, lassen wir uns von der verführerischen Einfachheit der Halbwahrheiten und der Lautstärke der Argumentation leiten.

Und dann ist da noch das Motiv der sozialen Anerkennung, das uns manchmal dazu verleitet, lieber mit der Masse zu schwimmen, als gegen den Strom der allgemeinen Meinung zu schwimmen. Wir opfern die Authentizität auf dem Altar der Beliebtheit und vergessen dabei, dass wahre Anerkennung oft denen zuteilwird, die den Mut haben, zu ihrem Nichtwissen zu stehen.

In einer Welt, in der jeder eine Bühne und ein Mikrofon hat, dank der sozialen Medien, ist es verlockend, sich als Experte für alles zu inszenieren. Doch vielleicht sollten wir uns öfter daran erinnern, dass es eine Form der Weisheit ist, die eigenen Grenzen zu kennen und anzuerkennen.

So stehe ich da, Tag für Tag, und staune über das Ballett der Meinungen, das sich vor mir entfaltet. Und ich frage mich, ob es nicht an der Zeit ist, dass wir alle ein wenig mehr Sokrates in uns entdecken und die Freude am Nichtwissen wiederentdecken. Denn wie sagte einst ein kluger Kopf: “Je mehr ich lerne, desto mehr erkenne ich, wie viel ich nicht weiß.” Vielleicht ist es genau das, was wir brauchen, um unsere Lebensmotive voll auszuschöpfen und eine Gesellschaft zu schaffen, die nicht nur laut ist, sondern auch weise. Und gleichzeitig denke ich: Was weiß ich denn schon, bleib entspannt und freu dich über dein Leben.